Volker Präfke

Familienname Präfke

Die Deutung eines Namens kann nicht losgelöst vom sprachlichen Umfeld seiner Entstehung erfolgen, daher muss zunächst das Ursprungsareal des Familiennamens umrissen werden. Einen ersten Aufschluss über die Entstehungsregion liefert die gegenwärtige Verbreitung des Namens im deutschen Sprachgebiet.

Der Familienname Präfke erscheint in unseren Datenbeständen vom Ende des 20. Jahrhunderts 46-mal. Pro Eintrag ist von durchschnittlich 2,8 und folglich von insgesamt rund 130 Namensträgern auszugehen. Somit handelt es sich bei Präfke um einen sehr seltenen Familiennamen. Der Name tritt gegenwärtig in Deutschland vor allem im nord- und nordostdeutschen Raum auf; besonders in Mecklenburg-Vorpommern, in den Landkreisen Rostock und Ludwigslust-Parchim, sind viele Namensträger anzutreffen (Karte 1).

Auch die lautlich nicht von Präfke zu unterscheidenden Namenformen Praefke und Praefcke (Karten 2 und 3) treten vorrangig in Mecklenburg-Vorpommern sowie Schleswig-Holstein und Nordbrandenburg auf. Die Variante Präffke ist mit nur vier Einträgen ausschließlich in der Sächsischen Schweiz, Praeffke mit ebenfalls vier Einträgen in Sachsen (Sächsische Schweiz), Mecklenburg-Vorpommern (Stadtkreis Schwerin) und Nordrhein-Westfalen (Landkreis Warendorf) vertreten.

Die heutige Verbreitung eines Nachnamens kann sehr aufschlussreich für die Lokalisierung seiner Ursprungsregion sein, da Familiennamen trotz der neuzeitlichen Mobilität häufig in ihrem Entstehungsgebiet verharren. Diese Konstanz wird vor allem durch die Flucht- und Vertreibungsbewegungen am Ende des Zweiten Weltkrieges aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten durchbrochen.

Um solche und andere neuzeitliche Wanderungsbewegungen berücksichtigen zu können, ist es notwendig, Hinweise auf das historische Vorkommen des Namens zu erlangen. Als Quellen dienen in erster Linie überregionale genealogische Datenbanken und Telefonverzeichnisse wie das Reichstelefonbuch von 1942. Dieses erfasste flächendeckend etwa 4,5 Prozent der Gesamtbevölkerung des Deutschen Reichs einschließlich des Sudetenlandes und Österreichs, stellt also eine durchaus nützliche Quelle für die Ermittlung der Namenverbreitung zu dieser Zeit dar. Hierin sind sechs Träger des Namens Präfke genannt, die in Rotenburg bei Hamburg, Hamburg, Ahrensburg (Schleswig-Holstein), Rostock, Pritzwalk (Brandenburg) und Berlin lebten (Karte 4). Genealogische Datenbanken liefern mehrere Belege des Familiennamens Präfke ab dem 17. Jahrhundert, die sich jedoch nur zum Teil kartographisch darstellen lassen (Karte 5). Die Mehrheit der Personen lebte im norddeutschen Raum, vor allem Orte wie Neubrandenburg, Rostock, Lübeck, Güstrow oder Gerdshagen (Ostprignitz) werden häufiger genannt. Der älteste in diesen Verzeichnissen auftretende Namensträger ist der 1687 in Neubrandenburg geborene Jacob Präfke.

Auch die Varianten Praefke, Praeffke und Praefcke treten historisch ebenfalls besonders häufig in Mecklenburg-Vorpommern und Nordbrandenburg auf.

Aus dem Abgleich sowohl der heutigen als auch der historischen Verbreitungsdaten ergibt sich, dass der Familienname Präfke im slawisch-deutschen Sprachkontaktraum auf heute nordostdeutschem Gebiet entstanden sein muss.

Der Familienname Präfke und seine Varianten lässt sich mit einer gegenwärtig in Polen ebenfalls selten vorkommenden Namenform Prawko (zehn Namensträger ausschließlich in Słupsk/Stolp) bzw. einer heute nicht mehr vertretenen Form *Prewko verbinden. Die Namen lassen sich in einen Stamm Praw-/Prew- und ein -k-haltiges Suffix unterteilen. Letzteres zählt zu den in den slawischen Sprachen sehr produktiven Kosesuffixen. Neben -ko erscheint es auch als -ak/-ka, -ek/-ke, -ik/-yk/ -ki, -ok oder -uk/-ku, sowie ferner in Zusammensetzungen mit anderen Kosesuffixen. Diese in den westslawischen Sprachen wie dem Polnischen, Tschechischen und Sorbischen auftretenden Suffixe sind als einfache Wortbildungselemente Teil zahlreicher Familiennamen. Sie dienen der Verkleinerung, wobei ihnen gleichzeitig eine abschwächende Funktion zukommen kann. Dies macht sie mit den deutschen Suffixen -lein, -chen, -le oder -el vergleichbar.

Die Namenbasis Praw- ist auf polnisch prawy ‘rechts’ in einer älteren Bedeutung, nämlich der von prawdziwy ‘echt, wahr, wirklich, richtig’ oder – vergleichend – należyty ‘gehörig, angemessen’, zurückzuführen. Bezogen auf einen Menschen kann hier von einer Grundbedeutung der Art ‘der Echte, Wahre’ ausgegangen und der Name daher in die Gruppe der Übernamen eingeordnet werden. Übernamen wurden Menschen aufgrund von charakterlichen, geistigen oder äußerlichen Merkmalen verliehen. Daneben verweisen einige auch auf bestimmte Lebensumstände – wie z. B. die Geburt –, auf Abhängigkeits- oder Dienstverhältnisse sowie auf einmalige Begebenheiten. In den Übernamen, die auf ursprüngliche Neck- und Spottnamen zurückgehen, spiegeln sich vielfach menschliche Schwächen wider, zu vergleichen sind deutsche Familiennamen wie Wunderlich für den Sonderbaren oder Launischen, Klump(e) für den Dicken oder Groben und Hahn für den Angeber oder Stolzen. Körperliche Erscheinungen, Haartracht, Kleidung, Wesensart und eine besondere Lebensweise haben in anschaulicher Art einen immensen Niederschlag in der Familiennamenwelt gefunden. Übernamen bezeichneten Menschen also nach deren Aussehen, Persönlichkeitsmerkmalen, gewohnheitsmäßigen Handlungen, biographischen Ereignissen, besonderen Lebensumständen o. ä. Hierbei kann der Bezug durch direkte Benennung eines Sachverhalts, aber auch durch bildlich umschreibende (metaphorische) Benennung oder Aufgreifen von Ereignissen und Redewendungen, die mit dem Benannten in Verbindung standen, hergestellt worden sein.

Der erste Namensträger war sehr wahrscheinlich als rechtschaffener, ehrlicher, wahrer und echter Mensch bekannt, weshalb ihm in der Siedelgemeinschaft dieser Name verliehen wurde. Weitere Familiennamen, die auf dasselbe Benennungsmotiv zurückgehen, sind etwa Prawecki, Prawiński, Prawka, Prawkowicz, Prawota, Prawic, Prawski, Prawicz, Prawnik oder Prawelski sowie die im nördlichen Polen auftretenden variierenden Formen Prewicz, Prewisz, Prewka, Prewo oder Prewysz.

Quelle: Prof. Udolph, Zentrum für Namensforschung, 28784 Schwanewede